In Deutschland gibt es seit Herbst 2019 eine neue NGO (nicht Regierungs-Organisation) mit dem Namen GermanZero (im Web zu finden unter https://germanzero.de/). Diese hat einen umfassenden Plan vorgelegt, mit dem Deutschland das Klimaziel von höchstens 1,5 % Erderwärmung doch noch erreichen und bis 2035 klimaneutral werden soll. Auf der Seite Klimaplan von GermanZero könnt Ihr diesen Plan als Pdf downloaden.
Ich kann jetzt natürlich noch nicht einschätzen, welchen Einfluss diese Organisation tatsächlich auf die Politik in Deutschland haben wird. Es lohnt sich allerdings m.E. in jedem Fall, sich mit diesem Klimaplan auseinanderzusetzen, weil die hier vertretenen Positionen sich in vielen Punkten mit den Positionen der Grünen, von Greenpeace und Campact decken.
Viele der in diesem Papier vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen halte ich durchaus für sinnvoll. Für falsch halte ich allerdings folgende Maßnahmen:
- Die Zukunft des Automobils wird ausschließlich in den Elektro-Autos gesehen.
- Der eigentliche Hebel zur Umsetzung der Maßnahmen wird in der Bepreisung von CO2 (in der Landwirtschaft auch von Methan) gesehen nach der Devise: Was klimaschädlich ist muss teurer werden, was klimafreundlich ist, muss billiger werden.
Elektro-Autos
In dem Klimaplan steht hierzu auf Seite 28:
Elektro-Fahrzeuge sind um Faktor 5 effizienter als mit synthetischem Kraftstoff (E-Fuels) betriebene konventionelle Fahrzeuge. Wasserstofffahrzeuge sind mit dem Faktor 2,5 dazwischen. Daher müssen bis 2030 große Teile, bis 2035 der gesamte Bestand an Pkws und Nutzfahrzeugen elektrifiziert werden.
Das Papier versucht den Eindruck zu erwecken, als argumentiere es ausschließlich auf dem Boden wissenschaftlicher Erkenntnisse (u.a. mit vielen Graphiken). Da wundert es schon, dass die Effizienz von E-Autos einfach mal ohne klaren Beweis hingeschrieben wird. Mag sein, dass irgendwelche Wissenschaftler oder Ingenieure so etwas berechnet haben, vielleicht kommen aber andere auch zu anderen Ergebnissen? Hier steht einfach einmal eine Behauptung im Raume.
Gar nicht eingegangen wird hierbei auf folgende Tatsachen:
- E-Fuels benötigen Batterien, bei denen bis heute Lithium ein wichtiger Rohstoff ist. Der Abbau von Lithium ist extrem umweltschädlich und kann nur mit einem enormen Verbrauch von knappem Wasser betrieben werden. So droht etwa die indigene Bevölkerung in Argentinien in einem Gebiet, in dem Lithium abgebaut wird, ihre Heimat zu verlieren.
- Die Batterien müssen produziert werden. Auch wieder ein Vorgang, der enorm viel Energie verbraucht. Heute noch werden große Teile dieser Batterien in China produziert. Die hierfür benötigte Energie stammt aus Kohlekraftwerken.
- Wenn ganz Deutschland mit E-Autos fahren soll, muss eine riesige Struktur von Ladestationen geschaffen werden. Auch das wird mit einem hohen Energie- und Rohstoffverbrauch verbunden sein.
- Sowohl die Batterien als auch die Ladestationen halten nicht ewig. So wird es eine große Menge an zusätzlichem Müll geben, der entsorgt werden muss.
Meine Meinung zum Automobil der Zukunft: Für mich ist es noch überhaupt nicht geklärt, ob das E-Auto tatsächlich die bessere Lösung ist wie etwa Autos mit einer Brennstoffzelle auf Wasserstoffbasis. Anstatt hierüber eine breite gesellschaftliche Diskussion zu führen, die auch für die normalen Bürger*innen nachvollziehbar ist, scheint die Entscheidung für das E-Auto in Absprachen zwischen der Bundesregierung und den Automobilkonzernen längst zugunsten des E-Autos gefallen nach der Devise: Wir, die Automobilkonzerne bauen Euch Eure E-Autos, Ihr (der Staat) sorgt für die nötige Infrastruktur (die Ladestationen). Hier gibt es also zwischen dem Klimaplan von GermanZero und der Großen Koalition in Bonn überhaupt keinen prinzipiellen Unterschied. GermanZero möchte nur, dass das E-Auto noch wesentlich schneller eingeführt wird, als es von der Politik geplant ist.
Hinzu kommt: Zu erfolgreicher und demokratischer Klimapolitik kann es nur kommen, wenn ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber erreicht wird. Es ist bekannt, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer weiter auseinandergeht. Die Art, wie das E-Auto eingeführt werden soll, wird diesen Effekt noch verstärken. Zum einen werden in der Automobilindustrie viele Arbeitsplätze verlorengehen. Wenn der Staat für die Ladestationen verantwortlich ist, heißt dass: Die Kosten für diese Stationen werden auf irgendeine Art und Weise von den Endverbraucher*innen getragen werden. Eine Politik, die die Ärmeren noch ärmer macht, wird von diesen wohl kaum unterstützt werden. Möglicherweise werden davon in Zukunft noch mehr die AfD wählen, die sowieso der Meinung ist, dass Klimaschutz in so großem Ausmaß gar nicht notwendig ist.
Erstaunlich an dem Papier, dass scheinbar auf maximales Tempo beim Klimaschutz drängt: Die einfachsten Maßnahmen, die möglich wären, um den CO2-Ausstoß von Automobilen drastisch und schnell zu reduzieren, werden gar nicht erwähnt. Es ist bekannt, dass es heute technisch möglich ist, Autos zu produzieren, die 3 Liter und weniger Benzin pro 100 Kilometer verbrauchen. Es wäre ein ziemlich simples Gesetz, das vorschreibt, dass etwa ab 2025 nur noch solche Autos zugelassen werden. Klar, das wären keine Autos, mit denen man mit über 200 Stundenkilometern über die Autobahn brettern kann. Das wären auch keine überdimensionierten SUVs sondern kleinere Fahrzeuge. Ein solches Gesetz würde mit Sicherheit von der Autolobby und dem ADAC lautstark kritisiert. Wer es aber mit dem Klima wirklich ernst meint, sollte doch zunächst einmal bei dieser einfachen Lösung anfangen. Gleichzeitig könnte man einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über das Automobil der Zukunft starten.
Öffentlicher Verkehr
Ich unterstütze ohne jedes Wenn und Aber die Zielsetzung des Papiers, mehr Verkehr von den Autos auf öffentliche Verkehrsmittel umzulenken. Allerdings wird z.B. ein engmaschigeres Schienennetz der Deutschen Bahn nicht dadurch erreicht werden, dass man das einfach fordert. Auch wenn man noch so viele Milliarden in die marode DB steckt, wird das nicht viel nutzen. Auch die Absenkung der Mehrwertsteuer für die Bahn von 19 auf 7% wird nicht dazu führen, dass wesentlich mehr Menschen die Bahn benutzen. Wer eine Bahn will, die pünktlich fährt und ein besseres Angebot für alle Menschen für die Fortbewegung bietet als das Auto, der muss dringend die gesamte Struktur der Deutschen Bahn verändern. Ich kann hier nicht auf alle Einzelheiten eingehen, empfehle in diesem Zusammenhang aber wärmstens, das Buch „Schaden in der Oberleitung“ von Arno Luik zu lesen.
Die Struktur der Deutschen Bahn wurde 1994 nach einem „Eisenbahnneuordnungsgesetz“ nach und nach drastisch verändert. Obwohl sie noch immer hauptsächlich dem Staat gehört, funktioniert sie seitdem nach den Prinzipien eines großen Privatunternehmens, eben nach neoliberaler Logik. Das heißt: Nicht profitabel erscheinende Strecken wurden stillgelegt oder privatisiert. Alle Kostenfaktoren sollten minimiert werden (wozu leider auch die Sicherheit gehörte). Notwendige Investitionen wurden auf die lange Bank geschoben (weil sie etwas kosten). Die Bahn wurde tendenziell immer unpünktlicher, die Mitarbeiter*innen der Bahn mussten immer wieder um den Erhalt ihrer Löhne kämpfen (manchmal mit Erfolg). Das gesamte Schienennetz der deutschen Bahn ist mittlerweile zu einem großen Teil marode, Züge fallen immer häufiger aus. Milliarden wurden in prestigeträchtige Großprojekte wie Stuttgart 21 gesteckt, was m.E. ein sinnloses und noch dazu gefährliches Projekt ist.
Hinzu kommt: Im Unterschied zu privaten Großunternehmen hat es die Deutsche Bahn mit vielen sinnlosen Investitionen geschafft, immer wieder kurz vor der Pleite zu stehen. Wenn jetzt die Große Koalition Milliardensummen in dieses Unternehmen steckt, werden davon mitnichten neue Strecken im großen Stil gebaut werden. Ein großer Teil des Geldes wird schlicht dafür benötigt, damit die Deutsche Bahn nicht Konkurs anmelden muss. Man kann schon froh sein, wenn von dem Geld wenigstens ein großer Teil des maroden Schienen- und Brückennetzes repariert wird. Das ist keinesfalls sicher: Die DB lässt nämlich gerne Schienen und Brücken so lange verrotten, bis sie nicht mehr repariert werden können und nur noch ein Neubau hilft. Warum? Nach den Gesetzesvorgaben muss die Bahn Reparaturen selbst bezahlen. Wenn etwas neu gebaut werden muss, muss dies der Staat (also wir alle) bezahlen.
Auch hier ist es wieder erstaunlich, dass in dem Papier auf dieses strukturelle Problem der Deutschen Bahn überhaupt nicht eingegangen wird. Meine These: Ein engmaschiges Schienennetz mit kurzen Taktfrequenzen kann nur erreicht werden, wenn endlich zugegeben wird, dass die gesamte Bahnreform ein totaler Misserfolg war. Man kann sicher darüber streiten, ob bei der Bahn vor dieser Reform alles in Ordnung war. Aber immer noch besser hier eine totale Rolle rückwärts anzutreten, als so wie jetzt weiterzumachen. Schon gewusst? Vor dieser Reform gab es einen Spruch: „Pünktlich wie die Bahn“. Darüber kann man heute nur noch lachen!
Die Bepreisung von CO2
Sowohl die Große Koalition als auch das Papier sieht hierin das zentrale Steuerungselement, um die Erderwärmung zu stoppen. Auch hier scheint der Unterschied nur darin zu liegen, wie hoch diese Bepreisung zu Beginn ausfallen soll. Während Bund und Länder mittlerweile bei 25 € pro Tonne CO2 angelangt sind, fordert das Papier gleich mal 50 € als Einstiegspreis.
Die Grundidee dabei ist: Unternehmen wollen Gewinne erzielen. Wenn Sie diese mit Methoden erzielen, die für einen großen C02-Ausstoß in die Atmosphäre sorgen, müssen diese Methoden Schritt für Schritt so teuer werden, dass dies nicht mehr rentabel ist. Von den Gebühren, die der Staat damit einnimmt, sollen den Produktionsformen gefördert sind, die weniger oder im besten Fall gar nicht mehr klimaschädlich sind.
Das klingt zunächst plausibel. Allerdings gibt es schon genügend Erfahrung mit dem Ansatz, dass man klimaschädliche Produktionsmethoden teurer machen muss, um etwas für die Umwelt zu erreichen, die Ergebnisse waren allesamt negativ:
- So wurde während der Rot-Grünen Regierung unter dem damaligen Kanzler Schröder beschlossen, eine Öko-Steuer auf Benzin zu erheben mit dem Ziel, den Autoverkehr und damit den Benzinverbrauch zu senken. Das Resultat allerdings war: Der Benzinpreis für die Verbraucher*innen stieg tatsächlich deutlich an, allerdings wurde in der Folge trotzdem nicht weniger Benzin verbraucht.
- Einen Preis für den C02-Ausstoß für Unternehmen gibt es innerhalb der EU schon seit langem. Unternehmen müssen sich Zertifikate kaufen, die ihnen das Recht geben, diesen Stoff in die Umwelt zu blasen. Hierzu wurde ein Zertifikatshandel eingerichtet, innerhalb deren sich Unternehmen Zertifikate kaufen können, um C02 in die Luft zu blasen. Hier wurde jeglicher positive Effekt auch dadurch verhindert, dass es die großen Konzerne geschafft haben, sich große Mengen dieser Zertifikate zu Spottpreisen zu besorgen, so dass letztlich überhaupt kein Effekt auf das Klima erreicht wurde.
Aber, die jetzige C02-Bepreisung soll ganz anders laufen. Unternehmen sollen für jedes Gramm C02, dass sie in die Umwelt blasen, einen festen Preis bezahlen müssen. Die CDU möchte in diesem Zusammenhang wieder einen Zertifikatshandel einrichten, der den Unternehmen die Möglichkeit verschaffen würde, Zertifikate unter diesem Fix-Preis einzukaufen. Aber, ich gehe nicht davon aus, dass in dem Papier, um das es hier geht, solche ein Zertifikatshandel geplant ist. Trotzdem: Private Großkonzerne sind unendlich erfinderisch, wenn es drum geht, irgendwelche Ausgaben zu minimieren. Das wird auch bei dieser CO2-Bepreisung so sein, sie werden Wege und Mittel finden, damit sie nicht alle geforderten Abgaben auch zahlen müssen.
Die andere Seite ist: Der Staat muss die Einnahmen, die aus dieser CO2-Bepreisung entstehen, in sinnvolle Ausgaben umwandeln. Er kann allerdings nicht all diese Einnahmen dazu nutzen, um C02-minimierende Produktionsmethoden zu fördern. Es gibt in Deutschland schon jetzt einen großen Unmut darüber, dass die soziale Spaltung in der Bevölkerung immer weiter voranschreitet. Also muss ein Teil dieser Einnahmen dazu verwendet werden, um soziale Ungerechtigkeiten zumindest abzumildern. Beispiel Benzinpreise: Währen die GroKo versucht, dass dadurch abzuschwächen, dass sie die Pendlerpauschale erhöhen will, setzt das Papier eher darauf, ein Mobilitätsgeld zu zahlen, das jedem Pendler automatisch von der Steuerlast abgezogen werden soll. Die Erhöhung der Pendlerpauschale ist natürlich sozial total ungerecht, weil Pendler mit hohem Bruttogehalt davon am meisten profitierten würden. Der Ansatz des Papiers ist zunächst einmal wesentlich sozialer. Es soll ein fixer Betrag eingeführt werden, der jedem Arbeitnehmer automatisch von der Steuer abgezogen werden soll. Allerdings: Hier ist zum einen nicht klar, ob diese Ermäßigung tatsächlich an jeden bezahlt wird, der mit dem Auto zur Arbeit fahren muss (oder soll es auch hier eine Mindesentfernung geben?). Hinzu kommt, dass es auch Menschen gibt, die überhaupt keine Steuern zahlen müssen, weil sie zu wenig verdienen. Die bekämen dann nichts.
Aber immerhin: Bei den Benzinpreisen ist von dem Papier immerhin der Versuch zu erkennen, die negativen Folgen für die Arbeitnehmer*innen möglichst klein zu halten. Allerdings sind die Benzinpreise lange nicht der einzige Bereich, der das Leben der Menschen nach diesem Ansatz verteuern wird. Die Heizkosten für die eigene Mietwohnung werden sich noch einmal drastisch erhöhen. Wenn sich durch diese Art von Reformen Vermieter dazu entschließen, etwa Renovierungen zur Wärmedämmung durchzuführen, werden letztlich auch die Mieten noch teurer. Auch die Strompreise werden weiter steigen.
Mein Fazit fällt also wie folgt aus:
- Die Bepreisung von CO2 (in der Landwirtschaft auch von Methan) wird letztlich für das Klima viel weniger bringen als versprochen.
- Dafür wir die schon jetzt vorhandene soziale Ungerechtigkeit in Deutschland noch größer werden.
Der Ausstieg aus der Kohle darf nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer*innen erfolgen
Sowohl die GroKo als auch das Papier wollen den Ausstieg aus der Kohle. Für das Klima sicherlich sinnvoll. Die GroKo erst 2038, das Papier schon 2030 (also auch wieder kein prinzipieller Widerspruch, nur das Tempo ist umstritten). Aber, es gibt auch die andere Seite: Da gibt es Menschen, die jetzt in diesen Kohlekraftwerken arbeiten, die bislang das Gefühl hatten, einen halbwegs sicheren Arbeitsplatz zu haben und sich schon darauf eingerichtet haben, in 20 bis 25 Jahren eine halbwegs ausreichende Rente zu beziehen. Denen wird mit diesem Kohleausstieg nun die Zukunft genommen.
Wie so etwas letztlich ausgeht, wissen wir doch aus vielen Erfahrungen (man schaue sich nur die Entwicklungen in Ruhrgebiet an). Die Politik (oder auch unser Papier) werden versprechen, dass sie sich um Ersatzarbeitsplätze kümmern wird. Dazu wird die jeweilige Bundesregierung dann auch tatsächlich den betreffenden Ländern oder Kommunen Gelder zur Verfügung stellen. Mit diesen Geldern werden die dort verantwortlichen Politiker*innen dann auch versuchen, neue Unternehmen ins Land zu locken. Manche Unternehmen werden sich dann vielleicht auch tatsächlich dort niederlassen (nachdem ihnen diverse Vergünstigungen und kostenlose Infrastrukturmaßnahmen wie etwa Zufahrtswege versprochen wurden). Allerdings werden diese Unternehmen dann den bislang in den Kohlekraftwerken tätigen Menschen im Durchschnitt ein wesentlich geringeres Gehalt anbieten. Die bekannten Folgen:
- Nicht alle werden tatsächlich einen neuen Job in ihrer Region erhalten.
- Diejenigen, denen dieses Glück dann doch zuteil wird, werden im Durchschnitt deutlich weniger verdienen als zuvor in den Kohlekraftwerken.
Die notwendigen Veränderungen in unserer Gesellschaft (letztlich weltweit), um den Klimawandel zu stoppen, können nur mit einer Mehrheit der Menschen realisiert werden. Wenn durch Maßnahmen gegen den Klimawandel letztlich die arbeitenden Menschen leiden müssen und dabei die soziale Schere zwischen Arm und Reich immer größer, kann diese Mehrheit auf Dauer nicht gesichert werden. Menschen bilden sich zumeist ihre politische Meinung nicht deshalb, weil sie sich täglich viele Stunden mit wissenschaftlichen Studien auseinandersetzen. Sie gehen erst einmal von ihrer eigenen Situation aus. Wenn diese sich durch Maßnahmen gegen den Klimawandel drastisch verschlechtert liegt es nahe, dass sie viele Theorien zum Klimawandel für falsch halten. Denkt nur an Pegida: Lügenpresse! Es gibt genügend Web-Seiten oder Facebook-Gruppen, die zumindest oberflächlich glaubhafte Argumente bringen, dass das mit dem Klimawandel sowieso nicht wahr ist. Und dann gibt es da auch noch die AfD, die voll in diese Kerbe schlägt. Meine Prognose: Wenn man Menschen so brutal ihre Zukunft raubt, braucht man sich nicht darüber zu wundern, dass sie AfD wählen.
Alternative zur C02-Bepreisung
Statt letztlich über den Umweg von höheren Preisen zu versuchen, Unternehmen dazu zu bewegen, klimafreundlicher zu agieren, sollte vielmehr der direkte Weg Vorrang haben. Die notwendigen Maßnahmen müssen angegangen werden. Dabei darf nicht darauf gewartet werden, dass sich Unternehmen auch Gewinne davon versprechen.
Zumindest in folgenden klimarelevanten Bereichen müssen die Unternehmensstrukturen grundsätzlich verändert werden:
- Öffentlicher Verkehr
- Stromversorgung
- Mietwohnungen
Diese Unternehmen müssen weg von einer „primitiven“ Unternehmensstruktur hin zu einer „komplexen“ Struktur.
Was sind primitive Unternehmen?
In primitiven Unternehmen sind alle möglichen Unternehmensziele einem einzigen Ziel untergeordnet. Dieses eine Ziel ist die Erzielung von Gewinn. Alle anderen Ziele sind diesem einen Ziel untergeordnet und werden nur insoweit verfolgt, wie diese dem zentralen Ziel nicht widersprechen.
Das wichtigste untergeordnete Ziel ist für die meisten primitiven Unternehmen das eigene Image. Nur wenn sie ein gutes Image haben, können sie der Bevölkerung auch verkaufen, dass ihre Gewinne ja letztlich etwas Gutes für alle sind. Für diese Image-Pflege wird darum auch eine Menge Geld ausgegeben (Werbung), was aber letztlich für die Bevölkerung gar nicht von Nutzen ist. Die Kosten für Werbung verteuern nur die Produkte der jeweiligen Unternehmen. Ein schlechtes Image kann hingegen die eigenen Gewinnerwartungen schmälern.
Was sind komplexe Unternehmen?
Im Gegensatz zu primitiven Unternehmen verfolgen komplexe Unternehmen eine Reihe verschiedener Ziele, die sich teilweise auch widersprechen. Da kann es bei Energieunternehmen etwa die Ziele geben, den Strom möglichst C02-Neutral zu produzieren aber zugleich, die Verbraucherpreise günstig zu halten.
Ein komplexes Unternehmen würde sich dann nicht wesentlich von einem primitiven Unternehmen unterscheiden, wenn man die verschiedenen Ziele einfach in eine Hierarchie bringen würde. Dann gäbe es ein wichtigstes Ziel und andere, die nicht ganz so wichtig sind. Dann würde man auch einfach entscheiden: Was ist wichtiger, C02-Neutral zu produzieren oder die Verbraucherpreise günstig zu halten. Die Kunst und damit eben auch die Komplexität solcher Unternehmen bestünde darin, auch die Maßnahmen für sich zunächst widersprechenden Zielsetzungen so zu planen, dass am besten beide von den sich widersprechenden Zielen erreicht werden können.
Wie sollten komplexe Unternehmen strukturiert sein?
Große primitive Unternehmen sind zumeist in einer Aktiengesellschaft organisiert. Die eigentlichen Beschlüsse, wie die Unternehmen wirtschaften sollen, werden in der Hauptversammlung gefällt, die dann auch Gremien wie den Aufsichtsrat und den Vorstand wählt. An der Hauptversammlung dürfen alle Aktionäre teilnehmen. Bei Abstimmungen hat aber nicht jeder Aktionär eine Stimme. Vielmehr gilt der jeweilige Kapitalanteil. Wer also viele Aktien besitzt wie Großaktionäre, hat viel zu sagen, Kleinaktionäre entsprechend wenig bis nichts.
Die Ziele der Großaktionäre sind zumeist: Der Gewinn pro Aktie soll immer weiter steigen (damit die Aktienkurse steigen). Regelmäßige Dividendenausschüttungen sollen das Portemonnaie der Aktionäre weiter füllen. Bösartig formuliert: Die Gremien von primitiven Unternehmen sind schon von ihrer Organisationsform auf primitive Ziele ausgerichtet: Gewinne und Dividenden.
Es gab in der Vergangenheit immer wieder Versuche, durch den Zusammenschluss größerer Gruppen von Kleinaktionären Einfluss auf den Ablauf solcher Hauptversammlungen zu nehmen. Wenn man so will: Das waren Versuche, einer Aktiengesellschaft etwas komplexere Zielsetzungen zu verpassen als alleine Gewinne und Dividenden. Oft handelte es sich dabei um Ziele, die etwas mit Umweltschutz oder Arbeitnehmerrechten zu tun hatten. Natürlich war hier kein direkter Erfolg zu erzielen, da das Stimmrecht in der Hauptversammlung die Großaktionäre drastisch bevorzugt. Allerdings konnte immer mal wieder ein gewisses Aufsehen in den Medien erreicht werden.
Auch größere komplexe Unternehmen werden Gremien wie eine Hauptversammlung brauchen. Allerdings sollte hier gelten: Alle Vertreter*innen in der Hauptversammlung haben eine Stimme. Wer soll an den Hauptversammlungen teilnehmen dürfen?
- Der größte Block sollte aus den Arbeitnehmer*innen des Unternehmens bestehen. Diese müssen von allen Arbeitnehmer*innen des Unternehmens gewählt werden.
- Auch Vertreter*innen von NGOs (etwa aus dem Umweltbereich) und den Gewerkschaften sollten dort einen Anteil haben.
- Nicht zuletzt sollten dort auch gewählte Volksvertreter*innen aus Kommunen, Ländern und dem Bund vertreten sein.
Wie das genau aussehen soll, darüber dürfte noch viel zu diskutieren sein.
Der Motor der Entwicklung von komplexen Unternehmen
Der Motor der Entwicklung von primitiven Unternehmen ist klar: Die Gewinne sollen maximiert werden. Aber auch komplexe Unternehmen brauchen so einen Motor.
Wir alle wissen das: Arbeitnehmer*innen können einfach nur ihren Job tun, damit sie weiter beschäftigt werden. Oder sie versuchen mehr zu erreichen. Dieses Mehr muss sich aber auch in komplexen Unternehmen lohnen.
So sollten die Mitarbeiter*innen in diese Unternehmen ein festes Gehalt beziehen, von dem sie gut leben können und für das Alter abgesichert sind. Zum Jahresende können sie aber auch noch eine zusätzliche Prämie bekommen. Die Prämie würde umso höher ausfallen, je mehr sie von den komplexen Zielen erreicht haben.
Das würde natürlich bedeuten, dass die komplexen Zielsetzungen auf einzelne Abteilungen oder Teams heruntergebrochen werden. Der Grad der Zielerreichung müsste gegen Jahresende auch nachvollziehbar berechnet werden können. Wichtig dabei: Die Prämie bekommen immer alle Mitarbeiterinnen einer Abteilung oder eines Teams oder eben nicht. So wird letztlich auch die Teamarbeit gefördert. Ein Herunterbrechen der Zielsetzung auf einzelne Mitarbeiterinnen wäre hingegen kontraproduktiv. Dies würde tendenziell eher das Gegeneinander als das Miteinander in Abteilungen oder Teams fördern.
Leistungsabhängige Bezahlung gibt es heute schon in sehr vielen primitiven Unternehmen. Dort vor allem aber in Form persönlicher Zielvereinbarungen und vor allem für Mitarbeiterinnen in Führungspositionen. Das führt dann auch oft dazu, dass diese Mitarbeiterinnen zur Erreichung ihrer persönlichen Ziele die Untergebenen massiv unter Druck setzen. Eine solche leistungsabhängige Bezahlung ist also nicht gemeint.
Auch hier ist natürlich für die Details noch viel zu diskutieren.
Das Problem bei Mietwohnungen
Um komplexe Unternehmen auch im Bereich von Mietwohnungen zu erreichen, sind die größten Probleme zu lösen:
- So gibt es schon jetzt viele öffentliche oder genossenschaftlich organisierte Wohnungsbaugesellschaften, die mehr oder minder gut oder schlecht arbeiten.
- Daneben gibt es etwas besser gestellte Privatleute, die sich in ihrem Leben eine oder mehrere Mietwohnungen gekauft haben mit dem Ziel, so in ihrem Alter abgesichert zu sein. Diese Privatleute sind übrigens meistens überhaupt nicht verantwortlich für den drastischen Anstieg der Mieten gerade in den Großstädten.
- Daneben gibt es große nationale und internationale Kapitalgesellschaften, die gerade in Großstädten immer wieder Immobilien und Mietwohnungen kaufen einzig mit dem Ziel, möglichst schnell möglichst große Profite zu erzielen. Diese „Miethaie“ sind die Hauptverantwortlichen für die Mietsteigerungen in den Großstädten.
Diesen ganzen Markt in einem Schritt in komplexe Unternehmensstrukturen zu überführen, dürfte kaum möglich sein. Hier braucht es viele Zwischenschritte. Auch sollte man verhindern, dass den privaten Vermietern, die Wohneigentum für ihre Altersversorgung erworben haben und sich gegenüber ihren Mietern fair verhalten, ihre Altersversorgung genommen wird. Bei den „Miethaien“ sollte man allerdings darüber nachdenken, ob man hier nicht ohne Wenn und Aber den Vorgaben des Grundgesetzes folgend sollte, nachdem Privateigentum verpflichtet und dem Gemeinwohl dienen muss.
Gerade Mieterinnen aus den unteren Einkommensschichten leben oft in Wohnungen, die mit veralteten Heizungsanlagen ausgestattet sind, mit schlechter Wärmeisolierung von Wänden und Fenstern. Hier besteht die große Gefahr, dass die für den Klimaschutz notwendige Erneuerung der Heizungsanlagen und bessere Wärmeisolierung zu steigenden Mieten führt, die diese Menschen dann gar nicht bezahlen können. Gerade für diese Mieterinnen ist also der Staat gefordert, die Entsprechenden Erneuerungen und Renovierungen durchzuführen, ohne dass dies auf die Mieten schlägt. Hierfür wären sicherlich riesige Investitionen des Staates, der Länder und der Kommunen notwendig.
Der Staat ist geforderten
Wie am Beispiel der Mieten gesehen, der Staat muss endlich aktiv werden. Das wird aber nur möglich sein, wenn der Staat deutlich mehr einnahmen hat. Ein dringend notwendiger erster Schritt ist das Dogma der „schwarzen Null“ endlich ad acta zu Legen. Bei der Menge des Geldes, die insgesamt benötigt wird, kann dies allerdings nicht ausreichen. Notwendig sind drastische Steuererhöhungen:
- Der Spitzensteuersatz muss drastisch angehoben werden. Das Gejammer kennen wir: Dann ist Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig und unsere Wirtschaft geht den Bach runter. Komisch aber, dass es Länder gibt wie etwa Schweden, die einen deutlich höheren Spitzensteuersatz haben aber dennoch nicht vor der Pleite stehen.
- Große Vermögen müssen endlich wieder angemessen besteuert werden.
- Große Erbschaften ebenfalls.
- Ungerechtfertigte Subventionen müssen abgebaut werden.
- Spekulationen an den Börsen müssen mit einer wirkungsvollen Finanztransaktionssteuer belegt werden. Nein, nicht so eine unsoziale Finanztransaktionssteuer, wie sie unser Finanzminister Scholz vorgeschlagen hat. Hiernach sollen die Käufe von Aktien großer Aktiengesellschaften zusätzlich mit 2 % Steuern belegt werden, die anderen Transaktionen aber nicht. Das trifft nur diejenigen Arbeitnehmer*innen, die ein wenig Geld für ihr Alter anlegen wollen und die keine Spekulanten sind, und deshalb lieber in sicher erscheinende große Aktiengesellschaften investieren. Wichtig ist eine Transaktionssteuer, die tatsächlich jeden Kauf oder Verkauf an den Börsen besteuert. Das kann ein deutlich niedrigerer Steuersatz sein. Das würde aber hauptsächlich jene reichen und super-reichen Spekulanten treffen, die teilweise mehrere hundert Mal am Tag riskante Wertpapiere kaufen und verkaufen. Das wäre wesentlich sozialer, würde dem Staat deutlich mehr Geld bringen und zugleich die wilden Spekulationen wenigstens ein bisschen begrenzen, die bei einer etwaigen neuen Finanzkrise zur großen Katastrophe führen können.
Zusätzliche Einnahmen allein reichen nicht.
Momenten agiert der Staat vollkommen nach neoliberaler Logik. Wenn es etwas Wichtiges zu tun gibt (wie etwa den Klimaschutz), dann stellt er eine mehr oder minder große Menge an Geld zur Verfügung. Mit diesem Geld werden dann private (primitive) Investoren gesucht, die die Aufgaben erledigen sollen. Manchmal werden die dann gar nicht gefunden. Oder sie leisten schlechte Arbeit und bezahlen ihre Mitarbeiter*innen schlecht. Der Staat ist doch nicht auf private Firmen angewiesen, um notwendige Maßnahmen zu erledigen. Das könnte er doch ganz einfach auch selbst tun.
Das Schienennetz ist zu klein? Bitte lieber Staate, warum baust Du dann keine neuen? Warum erneuerst Du nicht einfach die Stromnetze und baust die notwendigen Gleichstromleitungen von der Nordsee nach Süddeutschland? Doch, das alles ist möglich – wenn auch mit Sicherheit nicht so einfach wie hier dargestellt.
Wenn durch den Ausstieg aus der Kohle Arbeitsplätze verloren gehen. Warum richtet der Staat dann nicht selbst komplexe Unternehmen ein, die etwas Sinnvolles für die Region produzieren und nützlich für das Klima sind. Meine These: Dem Staat, wie er heute denkt und handelt, ist das aber scheinbar einfach zuwider. Alles muss von privaten (primitiven) Unternehmen gemacht werden, sonst wird es einfach nicht gemacht. Hier ist tatsächlich drastisches Umdenken nötig.
Der Missbrauch der Wissenschaft für die Begründung des Klimaplans
Es ist bekannt, dass die übergroße Mehrzahl der Wissenschaftler*innen, deren Wissenschaftsgebiet mit dem Klimawandel zusammenhängt, zu folgendem Ergebnis kommen: Die aktuelle Erderwärmung ist zum allergrößten Teil von Menschen verursacht. Dabei spielen die Emission von Treibhausgasen und insbesondere CO2 in die Atmosphäre die Hauptrolle.
Welche Folgen mit diesem Klimawandel auf die Menschheit zukommen, darüber gibt es nur weniger verlässliche Aussagen. Es gibt allerdings viele Warnungen, wohin das alles führen könnte. Auch die Theorie, dass es Kipppunkte geben kann, nach deren Überschreiten alles noch viel schlimmer werden könnte (und eventuell gleich neue Kipppunkte angestoßen würden), gibt es durchaus. Allerdings ist hier die Einigkeit in den Wissenschaften nicht ganz so klar. Das Klima ist eben ein sehr komplexes Thema, von dessen Entwicklung die Wissenschaft (Stand jetzt) noch längst nicht alles weiß.
Dennoch teile ich auch an diesem Punkt noch die Aussagen des Klimaplans: Auch wenn diese Gefahren nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit so existieren, sollte dennoch schnellstmöglich gehandelt werden.
Kritisch wird es dann für mich, wenn etwa für das Elektro-Auto angeblich wissenschaftlich gesicherte Aussagen getroffen werden. Erst recht kritisch wird es, wenn der Weg der CO2-Bepreisung als der Weg beschrieben wird, der von Experten als der wirkungsvollste Weg beschrieben wird.
Hier möchte ich zunächst einmal darauf hinweisen, dass in der Welt verschiedene Wissenschaften verschieden weit entwickelt sind. So sind in meinen Augen die Naturwissenschaften in ihren Fachgebieten deutlich weiterentwickelt (und deren Aussagen deshalb auch verlässlicher), als in anderen Fachgebieten, wie etwa der Wirtschaftswissenschaften. Noch dazu ist auch schon die Vermittlung des Wissens in diesen Wirtschaftswissenschaften schon mehr oder weniger tendenziös. Zumindest spielen Theorien von Wirtschaftswissenschaftler*innen, die sich kritisch mit dem Kapitalismus oder dem heutigen neoliberalen Wirtschaftssystem auseinandersetzen, im Studium eine deutlich kleinere Rolle als andere Theorien.
Die Hauptgefahr des Klimaplanes sehe ich allerdings darin: Er vermittelt den Eindruck, dass alles, was dort steht, von Wissenschaftlern und Experten abgesichert ist. Daraus folgt im Prinzip: Es erübrigt sich jede Diskussion. Wer Kritik an diesem Plan übt – zumindest an dessen Kernaussagen – der bewegt sich nicht mehr auf dem Boden der Wissenschaft.
Ich gehen nicht davon aus, dass dies von den Verfasser*innen des Klimaplanes so beabsichtigt ist. Dennoch meine ich, dass eine solche Herangehensweise in der Tendenz äußerst demokratiefeindlich ist. Warum? Debatten sind doch eigentlich überflüssig, Wissenschaft und Experten haben doch alles schon bewiesen.
Ich finde diese Tendenz auch deshalb gefährlich, weil sie sich mit den Mainstreamaussagen auch in den öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland deckt. Auch hiernach scheint eigentlich klar: Wir müssen ganz schnell ganz viele Elektroautos bauen. Auch die CO2-Bepreisung wird hier nicht in Frage gestellt, nur über die Einstiegspreise darf gestritten werden.
Hinzu kommt, dass der Klimaplan enorm aufs Tempo drückt (es ist schließlich Zeit für schnelles Handeln). 2022 soll in Deutschland eine Regierung gewählt werden, die die Kernaussagen des Klimaplanes umsetzt. Natürlich ist es für Nicht-Regierungs-Organisationen legitim, sich in Wahlen einzumischen und auch Wahlempfehlungen auszusprechen. Gefährlich wird es für mich immer dann, wenn alle, die eine andere Meinung haben, quasi als unwissenschaftliche Idioten behandelt werden.
So etwas kann auch ganz schnell zu einer falschen Polarisierung in unserer Gesellschaft führen: Entweder Du willst das Klima retten, dann musst Du den Aussagen des Klimaplans folgen (und bei den Bundestagswahlen XXX wählen), oder? Ja, welches Oder eigentlich? Die GroKo in Bonn geht doch eigentlich in die Richtung des Klimaplanes, halt nur sehr viel zögerlicher und langsamer. Meine These: Viele Menschen, die mit manchen Aussagen des Klimaplanes nicht einverstanden sind, werden in einer derart falsch polarisierten Atmosphäre AfD wählen. Und sie werden tendenziell Aussagen von Klimaleugnern zumindest nicht für so ganz falsch halten.
Militär und Kriege als Klimakiller
Es gibt Studien, die zeigen, dass das Militär einen großen Anteil an den C02-Emissionen in der Welt hat. Nach einem Artikel auf TELEPOLIS vom 26. Juni 2019 ist das US-Militär einer der größten Klimasünder in der Welt:
Die Wissenschaftler ermittelten auf Basis dieser Daten, dass die US-Streitkräfte, wenn sie ein Nationalstaat wären, der 47. größte Emittent von Treibhausgasen in der Welt wären, wenn man nur die Emissionen aus der Kraftstoffnutzung berücksichtigen würde. Damit würde das US-Militär alleine mehr Emissionen verursachen als Portugal, Schweden oder Dänemark.
Auch in Deutschland werden enorme Summen in die Rüstung gesteckt, die Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer in Zukunft auch noch drastisch erhöhen will. In Deutschland sind zu diesem Thema verlässliche Daten kaum zu bekommen. Dies musste die Linksfraktion im Bundestag erleben, als sie auf eine Anfrage zu diesem Thema an das Verteidigungsministerium eine vollkommen unzureichende und noch dazu tendenziös verfälschte Antwort bekam (TAZ vom 18.09.2019).
Es ist schon erstaunlich, dass dieser Zusammenhang in dem „Klimaplan“ überhaupt nicht erwähnt wird. 2020 planen die USA und die NATO ein riesiges Militärmanöver mit dem Namen „Defender 2020“. In einem weiteren Artikel von TELEPOLIS vom 08.01.2020 wird deutlich, dass auch hierbei wieder enorme Mengen von C02 in die Atmosphäre geblasen werden sollen. In dem Artikel wird aus einer Internetseite der Bundeswehr zum Thema zitiert:
Transportkolonnen in der Nacht auf deutschen Autobahnen, lange Güterzüge, die durch deutsche Bahnhöfe gen Osten rollen, Panzer auf Binnenschiffen im Ruhrgebiet: Wenn die Amerikaner im kommenden Jahr mit Defender Europe 20 die Verfahren zur Verlegung von umfangreichen Kräften aus den USA nach Osteuropa üben, wird Deutschland aufgrund seiner geo-strategischen Lage im Herzen Europas zur logistischen Drehscheibe.
Bundeswehr
Ich wünsche mir, dass sich sowohl die Umweltbewegung als auch die Verfasser des „Klimaplans“ den von der Friedensbewegung geplanten Protestaktionen gegen dieses gigantische Militärmanöver anschließen.
Es gibt noch einen anderen, vielleicht sogar viel wichtigeren Zusammenhang zwischen Militär und Klimaschutz: In einer Welt, in der die Spannungen immer weiter zunehmen, in der eine neue Spirale des Wettrüstens bereits begonnen hat – in so einer Welt wird es immer unwahrscheinlicher, dass die sogenannte „Staatengemeinschaft“ mit der notwendigen Entschlossenheit gemeinsam gegen den Klimawandel handeln wird. In den Regionen, in denen Kriege und Gewalt an der Tagesordnung sind, werden die Menschen wohl kaum über den Klimawandel nachdenken. Sie sind froh, wenn sie den nächsten Tag überleben.
Mein Fazit
Das Ziel des Klimaplans, in Deutschland endlich entschlossen gegen den Klimawandel vorzugehen, um nach Möglichkeit das 1,5 % Ziel doch noch einzuhalten, teile ich. Einen großen Teil der einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen kann ich unterstützen, allerdings nicht den vorgeschlagenen Weg dahin:
Folgende in dem Papier vorgeschlagene Maßnahmen halte ich für falsch:
- Die Verabsolutierung des Elektro-Autos als Automobil der Zukunft.
- Die Bepreisung von CO2 als zentrales Mittel im Kampf gegen den Klimawandel.
Weiterhin halte ich alle Maßnahmen für falsch, die die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland noch einmal vergrößern würden. Anstatt zu versuchen, gegen den Klimawandel mit veralteten neoliberalen Konzepten vorzugehen, muss endlich über grundlegende Veränderungen in den gesellschaftlichen Strukturen nachgedacht werden. Und nicht zuletzt muss der Kampf gegen Aufrüstung und Krieg fester Bestandteil des Kampfes gegen den Klimawandel werden.
Zum Schluss
Ich habe in diesem Beitrag meine ganz persönliche Meinung zum Klimaplan von GermanZero offengelegt. Ich verstehe das als einen Beitrag für eine wichtige Debatte, die in unserer Gesellschaft über unsere Zukunft geführt werden sollte.
Darum werde ich GermanZero auch auf info@GermanZero.de darüber informieren, dass ich diesen Beitrag verfasst habe. Selbstverständlich kann GermanZero dann Kommentare zu diesem Beitrag auf meiner Web-Seite veröffentlichen. Und, wenn sie das wollen, biete ich ihnen auch an, einen eigenen Beitrag zu meinen Meinungen zu verfassen und auf meiner Web-Seite zu veröffentlichen.
Detlef Beune