Die heutige Lage in der Welt scheint katastrophal. Da ist der Klimawandel, wo sich noch immer keine wirkungsvolle Lösung abzeichnet. Statt daran zu arbeiten, wird immer mehr in die Rüstung „investiert“. In immer mehr Staaten machen sich nationalistische Gedanken breit (America First), ein gemeinsames Handeln einer sogenannten Weltgemeinschaft scheint immer weiter entfernt. Über allem steckt die Logik des Neoliberalismus: Das Geld und der Profit regieren die Welt, nicht die Bedürfnisse der Menschen.
Da komme ich jetzt mit einer vollkommen absurden Idee: Es sollte überall in der Welt Läden oder Geschäfte geben, in denen sich die Menschen Lebensmittel holen können. Nein, nicht kaufen, sondern vollkommen umsonst holen. Das müssen hochwertige Lebensmittel sein, mit denen alleine sich Menschen gesund und abwechslungsreich ernähren können. Diese Lebensmittel müssen nachhaltig produziert werden. Der Anbau dieser Lebensmittel muss noch dazu möglichst in der Nähe dieser Läden oder Geschäfte erfolgen, um große Transportwege zu sparen.
Was muss es in solchen Läden geben? Alle Nahrungsmittel, die für eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung notwendig sind. Allerdings folgende Nahrungsmittel nicht: Fleisch, Fisch, Fertigprodukte, Alkohol oder Zigaretten. Wer auf solcherlei „Nahrungsmittel“ dennoch nicht gänzlich verzichten will, muss sie sich in „normalen“ Geschäften holen, also auch dafür bezahlen.
Das alleine klingt doch schon ziemlich absurd. Es wird aber noch viel absurder: Es wird wohl kaum möglich sein, solche Geschäfte gleichzeitig in allen Ländern der Welt aufzubauen. Also sollte dort damit begonnen werden, wo die Menschen solche Geschäfte am dringendsten brauchen: In den armen Ländern des globalen Südens, dort, wo die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln noch gar nicht gesichert ist, wo die Menschen zum Teil sogar hungern müssen.
Wie sollen denn solche Läden finanziert werden, das geht doch gar nicht! Warum eigentlich nicht? In manchen Ländern des globalen Nordens gibt es Gesundheitssysteme, die vollkommen aus Krankenkassenbeiträgen oder wie in Dänemark aus Steuermitteln finanziert werden. Die Menschen müssen also im Idealfall dann, wenn sie krank werden, nichts für ihre Behandlung zahlen. Auch wenn hier nicht alles so funktioniert (in Deutschland müssen die Menschen immer mehr Geld auch für notwendige medizinische Behandlungen selbst bezahlen), aber es gibt Beispiele, die zeigen: Doch, so etwas funktioniert. In Dänemark etwa viel besser als in Deutschland.
Dahinter steckt doch letztlich ein zutiefst menschlicher Gedanke: Wenn Menschen krank sind, muss ihnen geholfen werden. Das darf nichts kosten, weil auch Menschen krank werden, die nicht viel Geld haben. Warum diesen Gedanken nicht auch auf die Nahrungsmittel übertragen? Menschen müssen nun einmal essen. Dieses Bedürfnis muss doch auch für alle Menschen befriedigt werden. Warum muss das etwas kosten? Da haben wir uns zwar daran gewöhnt. Ist das aber nicht vollkommen unsinnig, geradezu unmenschlich, das Menschen für dieses Grundbedürfnis etwas bezahlen müssen? Und wenn sie kein Geld haben, sollen sie dann wirklich hungern?
Die deutsche Bundeswehr wirbt momentan massiv um Jugendliche, die sich für etwa 15 Jahre bei diesem Verein verpflichten sollen. Ihnen wird eine goldene Zukunft versprochen. Da lernen sie etwas, kommen in der Welt herum. Nach diesen 15 Jahren steht für sie eine goldene Zukunft bereit. Wer diese 15 Jahre abgeschlossen hat, wird von jedem Arbeitgeber mit Kusshand genommen. Was dabei in den Hintergrund gerät. In den 15 Jahren lernen sie das Handwerk des Tötens. Manche werden zu Mördern werden, manche werden verletzt werden oder gar sterben.
Da wäre es doch sehr viel sinnvoller, wenn sich Jugendliche für 15 Jahre verpflichten würden, in dieser Zeit in armen Ländern des Südens dabei mitzuhelfen, solcherlei Läden und Geschäfte aufzubauen. Ich gehe sogar davon aus, dass sich sehr viele Jugendliche in den Ländern des globalen Nordens finden würden, die so etwas gerne machen würden. Natürlich wünschen sich hier viele so etwas wie eine gesicherte Zukunft. Ich denke, Menschen die mit Engagement an solchen Projekten mitgearbeitet haben, werden damit viele Fähigkeiten erworben haben, die ihnen nach diesen 15 Jahren einen Job in ihrer Heimat garantieren könnten. Hinzu kommt: Vielen jungen Menschen heute geht es nicht nur um eine abgesicherte Zukunft. Viele wollen auch etwas Sinnvolles tun. Den Menschen in armen Ländern dabei zu helfen, sich in Zukunft gut ernähren zu können, das wäre doch wohl etwas sehr Sinnvolles!
Natürlich ist klar: Solche Projekte dürfen nicht in einer Art neokolonialer Abhängigkeit der armen Länder enden. Ziel muss es sein, dass so etwas in den entsprechenden Ländern zwar mit Hilfe und Unterstützung etwa solcher Jugendlichen aufgebaut wird. Aber: Nach sagen wir 10 bis 15 Jahren sollten diese Länder dann in der Lage sein, diese kostenlose Versorgung mit Lebensmitteln eigenständig weiter zu führen. Hilfe zur Selbsthilfe also. Das würde auch weitere Entwicklungen in diesen Ländern voraussetzen. Etwa, dass dort gleichzeitig ein Schul- und Bildungssystem aufgebaut würde, dass diese Menschen dazu auch in die Lage versetzt. Ein Schul- und Bildungssystem, dass tatsächlich den Menschen in diesen Ländern hilft, nicht unbedingt ein Schul- und Bildungssystem wie es im reichen Norden herrscht (an dem es sowieso Vieles zu kritisieren gibt).
Gleichzeitig ist wahrscheinlich auch nicht jeder Jugendliche dafür geeignet, an solchen Projekten teilzunehmen. Deshalb sollte etwa das erste dieser 15 Jahre für eine Ausbildung im Heimatland verwendet werden. Die Jugendlichen müssen zum einen auf das vorbereitet werden, was auf sie zukommt. Und es muss festgestellt werden, wer tatsächlich auch hierfür die Befähigung hat.
Welche Fähigkeiten wären da wichtig: Zum einen, sich tief und verständnisvoll in das Denken einer vollkommen fremden und unbekannten Kultur einzufinden. Noch dazu die Fähigkeit, möglichst schnell eine bislang vollkommen unbekannte Sprache zu lernen. In Afrika etwa wird man viel besser mit den Menschen dort kommunizieren können, wenn man die Sprache lernt, die die Menschen dort untereinander sprechen. Das sind nicht unbedingt die Sprachen, die durch den Kolonialismus dort eingeführt wurden, etwa englisch oder französisch.
Und den Jugendlichen muss man zutrauen können, dass sie sich in speziell benötigte Fähigkeiten schnell einarbeiten können – etwa Naturwissenschaften, Landwirtschaft. Aber auch die Fähigkeit, den Menschen im jeweiligen Land die benötigten Fähigkeiten auch vermitteln zu können. Wahrscheinlich wird sich nach so einem Jahr herausstellen, dass nicht alle, die sich beworben haben, auch dafür geeignet sind. Diesen sollte aber auch dieses Jahr für ihre weitere Zukunft sinnvoll vergütet werden.
Wer könnte so etwas in die Wege leiten? Ich denke, dass es schon einige Staaten im globalen Norden gibt, die bei genügend Druck von unten bereit wären, so etwas anzugehen. Das werden nicht große und untereinander zerstrittene Staaten-“Gemeinschaften“ wie etwa die EU sein. Diese Länder müssten sich untereinander selbst aus der ganzen Welt zusammen finden. Warum soll das eigentlich unmöglich sein. Wichtig wäre natürlich: Der Druck von unten.
Nur noch ein Gedanke zum Schluss: Auch für Menschen im globalen Norden würde ich auf Dauer so eine Versorgung mit Lebensmitteln für sinnvoll halten. Es ist bekannt, dass viele Hartz-IV-Familien kein besonders gesundes Leben führen (Vorsicht: Das gilt längst nicht für alle dieser Familien, aber doch für eine relevante Anzahl). Da wird viel Geld für Alkohol oder Zigaretten ausgegeben. Die Kinder schieben sich zwischen TV, Computerspielen und Handy-Aktivitäten zwischendurch mal eine ungesunde Pizza in den Ofen. Das ist bestimmt nicht sinnvoll. Wichtig wäre hier: Auch wenn das wenige Geld sinnlos verplempert wurde, etwas Gutes zu essen gibt es immer!
Mit solchen Geschäften bestünde zumindest die Möglichkeit, dass sich auch ärmere Menschen immer gesund ernähren können, wenn sie das wollen. Solche Läden könnten auch ein Anreiz dafür sein, mal wieder selbst zu kochen anstatt auf Fertigprodukte zu setzen. Gemeinsames Essen, gemeinsames Kochen: Zumindest wäre das dann eher möglich. Und so etwas ist so wichtig für ein funktionierendes Familienleben.
So weit erst mal. Das ist natürlich kein fertiges Konzept. Vielleicht nur ein Traum? Vielleicht machen sich aber auch einige von Euch dazu Gedanken und fangen an, für so etwas zu werben? Wer weiß, viele Verbesserungen in der Welt haben irgendwann begonnen. Manche auch dadurch, dass Menschen angefangen haben zu träumen und dann auch noch, aus den Träumen Realität werden zu lassen.
Detlef Beune